Die Spanier können zu Recht stolz auf die Fußstapfen ihrer Jesuitenbrüder sein, die den Pragern das prächtige Klementinum mit der schönsten Barockbibliothek, der Spiegelkapelle und dem Astronomischen Turm hinterlassen haben. Die Jesuiten wurden von Kaiser Ferdinand I. von Habsburg aus Spanien nach Prag eingeladen, um ihm bei der Festigung der Position der katholischen Kirche zu helfen. Denn die böhmische Seele der Prager zeigte sich neben ihrer Offenheit und Kreativität auch in Eigensinn und Rebellion, und die Prager wollten den Kaiser nicht als ihren König anerkennen, weil sie mehrheitlich protestantisch und begeisterte Reformer waren. Die Einladung der Jesuiten war ein ziemlich riskantes Unterfangen. Denn der Mitbegründer des Ordens und nahezu Landsmann von Ferdinand, Ignatius von Loyola, ein geläuterter Adelssohn aus dem Baskenland mit einer etwas ausschweifenden Vergangenheit und einem zerschmetterten Bein, hatte die Gesellschaft Jesu erst 17 Jahre zuvor gegründet. Im Gegensatz zu den Franziskanern oder den Dominikanern, die auf eine mehr als 300-jährige Geschichte zurückblicken konnten, waren sie also noch Kleinkinder in diesem Orden. Und doch ging gerade diese prekäre Wette auf ein schwarzes Pferd für Ferdinand auf. Die ersten Jesuiten tauchten im April 1556 in Prag auf. Sie waren zwölf, wie die Apostel, und ließen sich in der Altstadt nieder, im einzigen bewohnbaren Flügel des ehemaligen Dominikanerklosters, das von der böhmischen Reformbewegung der Hussiten geplündert worden war. Heute kennen wir es als Klementinum, den zweitgrößten Gebäudekomplex in Prag nach der Prager Burg, mit der schönsten Bibliothek der Welt. Später lehrte hier Albert Einstein und Wolfgang Amadeus Mozart spielte hier mehrmals<. Nur drei Monate nach ihrer Ankunft eröffneten die Jesuiten im Klementinum ihr erstes Gymnasium sowie eine Akademie, der Ferdinand I. nur sechs Jahre später das Promotionsrecht verlieh und sie damit einer Universität gleichstellte. Die Jesuiten blühten in Prag auf, richteten Schulen aller Klassenstufen ein, führten ihr berühmtes Jesuitentheater auf, förderten die Frömmigkeit, leisteten geistliche Dienste und arbeiteten beständig und fleißig an ihrer Mission, Böhmen zur römisch-katholischen Kirche zurückzuführen. Die Jesuiten überlebten drei böhmische Könige, doch als der böhmische König Ferdinand II. Steiermark die religiösen Freiheiten einschränkte, erzürnte dies den böhmischen protestantischen Adel so sehr, dass 1618 eine Delegation von ihnen die Prager Burg stürmte und zwei königliche Statthalter und einen Schreiber aus den Fenstern warf. Damit begann der Dreißigjährige Krieg und die Jesuiten mussten aus Prag fliehen. Zwei Jahre später kehrten sie zurück und dehnten ihre Aktivitäten neben der Bildung auch auf die Künste und Wissenschaften aus. Im Umfeld der Jesuiten entstanden literarische Spitzenwerke des tschechischen Barocks (z. B. die Gedichte von Bedřich Brydel), phänomenale wissenschaftliche Arbeiten (z. B. das Werk des Mathematikers Jakub Kresa) oder die patriotische Verteidigung der tschechischen Sprache durch den Historiker und Philologen Bohuslav Balbín. Überdies widmeten sie sich intensiv der wissenschaftlichen Forschung. Mitte des 18. Jahrhunderts begannen die Jesuiten auch mit regelmäßigen meteorologischen Messungen im Klementinum-Kolleg. Diese Aufzeichnungen bilden seit 1775 eine ununterbrochene Folge und sind damit die längste kohärente Beobachtungsreihe in Europa! Darüber hinaus haben die Jesuiten das Gesicht von Prag verändert. Neben dem monumentalen Klementinum-Kolleg mit den Kirchen St. Clemens und St. Salvator, dem Astronomischen Turm, der Spiegelkapelle und dem Sommerrefektorium haben sie Prag zahlreiche weitere Baudenkmäler hinterlassen. Die wichtigsten davon sind das Jesuitenkolleg in der Neustadt mit der Kirche des heiligen Ignatius von Loyola am Karlsplatz, die St.-Nikolaus-Kirche auf der Kleinseite und das Professorenhaus auf der Kleinseite, in dem sich heute die Karls-Universität befindet. Auch außerhalb von Prag, jedoch immer noch bequem mit dem Auto zu erreichen, haben die Jesuiten uns einige außergewöhnliche Sakralbauten hinterlassen. Eines der schönsten ist das barocke Jesuitenkolleg in Kutná Hora, das für seine zahlreichen in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen Denkmäler bekannt ist. Neben dem monumentalen Gebäude des Kollegs von Kutná Hora befindet sich eine Terrasse mit Statuen von 13 Heiligen, weswegen es oft mit der Karlsbrücke in Prag verglichen wird. Heute beherbergt das Kolleg die Galerie der Mittelböhmischen Region GASK, die größte Galerie für moderne und zeitgenössische Kunst in Mittelböhmen. Im Jahr 1773 wurde der Jesuitenorden auf politischen Befehl der französischen Bourbonen durch den labilen Papst Clemens XIV. „für immer und unwiderruflich“ aufgehoben und erst 1814 durch Papst Pius VII. rehabilitiert. In den böhmischen Ländern mussten die Jesuitenbrüder noch das Martyrium der kommunistischen Verfolgung, der Hinterhalte, Internierung, Folter und der Inhaftierung erleiden, sind seit der Rückkehr der Demokratie im Jahr 1989 jedoch wieder Teil der geistigen Atmosphäre Prags und unseres Landes.