Die Neue Bühne des Nationaltheaters ist ein Paradebeispiel für die repräsentative Architektur der frühen 1980er Jahre. Sie wurde 1983 fertiggestellt, symbolisch 100 Jahre nach der Wiedereröffnung des Nationaltheaters nach einem verheerenden Brand. Das Gebäude zeichnet sich durch seine Fassade aus Glasbausteinen aus, die von Karel Prager gemeinsam mit dem renommierten tschechischen Glaskünstler Stanislav Libenský entworfen wurde. Obwohl das Gebäude von außen nüchtern und unzugänglich wirkt, überrascht es mit seinem aufwendig gestalteten Inneren. Das Theatergebäude dient tagsüber als öffentlich zugänglicher Kunstraum und verwandelt sich abends in eine Theaterbühne mit spezifischer Dramaturgie. Karel Prager — Stanislav Libenský — Jaroslava Brychtová Die Neue Bühne des Nationaltheaters in Prag, 1981—1983 Národní 4, Praha 1 – Nové Město Die Neue Bühne des Nationaltheaters ist keine Superkonstruktion, auch wenn sie auf den ersten Blick so wirken mag. Karel Prager knüpfte hier an die bestehende Konzeption des gesamten Areals an. Erwähnenswert ist hier, dass Prager, obwohl er sehr wettbewerbsorientiert war – nie an einer Ausschreibung für die Fertigstellung der Umgebung des Nationaltheaters teilgenommen hat. Das war nicht sein Thema. Es hat sich einfach ergeben, dass er zunächst in die Fertigstellung neuer Gebäude eingebunden wurde, vor allem aufgrund seiner hervorragenden organisatorischen und leitenden Fähigkeiten – es war bekannt, dass es für Prager keine nicht zu erfüllende Frist gab. Und wenn er schon in das Projekt eingebunden war, zog er sich natürlich nicht zurück, als es darum ging, das Gebäude in der Nationalallee von einem Mehrzweck-Kulturzentrum in eine kleine Theaterbühne umzuwandeln. Er war der Einzige, der in der Ausschreibung für diese Umgestaltung den Fertigstellungstermin nicht in Frage stellte. Das heißt, er verpflichtete sich, den Bau in weniger als zwei Jahren fertigzustellen. Seine ständige Zusammenarbeit mit brillanten Statikern zahlte sich aus, so dass die bereits fertige Konstruktion verkürzt und erweitert werden konnte, um einen proportional ansprechenden Theatersaal zu schaffen. Auch die Zusammenarbeit mit namhaften Künstlern war ersprießlich, denn er, Stanislav Libensky und Jaroslava Brychtová fanden einen Weg, die neu gestaltete Glasfassade zu nutzen, um im Inneren eine akustische Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Entstanden ist ein Haus als Glasskulptur – oder eine Glasskulptur, die als Haus genutzt werden kann, ein einzigartiges Beispiel für eine monumentale Glasskulptur in der Architektur. Die Neuartigkeit und Großzügigkeit des Gebäudes beeindruckte die Öffentlichkeit ebenso wie das Gebäude der Föderalversammlung und analog verhielt sich die Öffentlichkeit auch ihm gegenüber. Karel Prager (1923—2001) Er studierte Architektur an der Akademie für Architektur und Bauingenieurwesen der Tschechischen Technischen Universität in Prag (1945—1949), arbeitete dann im Bezirksplanungsinstitut Prag, leitete das Atelier 3 beim Institut für Bauplanung der Hauptstadt Prag und eröffnete 1990 das architektonische Atelier Gama neu. Er war Mitglied von Mánes, dem Verband tschechoslowakischer Architekten, saß im Redaktionsrat der Zeitschrift Architektur der Tschechoslowakischen Republik und war viele Jahre lang deren Grafiker. 1967 war er Gründer der Kreativgruppe Hut’ und im selben Jahr Mitbegründer des Tschechoslowakischen Zentrums für Bau und Architektur. 1989 initiierte er die Gründung des Blocks der Architekten und Künstler, dessen Vorsitzender er bis 2000 war. 2001 erhielt er den Preis der Architektengemeinde Persönlichkeit der tschechischen Architektur und 2011 die Ehrung der Tschechischen Architektenkammer. Dem Buch Architektur 58–89 entnommen Konzept der Publikation, Herausgeber, Autor der Diskussionen: Vladimir 518 Nová scéna | Foto: Prague City Tourism